Psychedelische Therapie

Die psychedelische Therapie, bei der bewusstseinsverändernde Substanzen eingesetzt werden, ist zur Zeit aus legalen Gründen in meiner Praxis nur in Ausnahmefällen durchführbar. Deshalb können Sie sich zur Zeit für eine solche Therapie nicht bei mir anmelden. Die meisten hier besprochenen Substanzen sind in vielen Ländern Betäubungsmittel und somit in der Anwendung verboten oder eingeschränkt. Erkundigen Sie sich über die rechtliche Lage in Ihrem Land.

Die Geschichte

Wenngleich die Einnahme von bewusstseinsverändernden Substanzen wie Psilocybin (aufgenommen durch Pilze) und Meskalin (vorkommend in Kakteen) in Heilritualen seit Tausenden von Jahren praktiziert wurde, interessierte sich die westliche Medizin erst seit dem 20. Jahrhundert für das therapeutische Potenzial dieser Stoffe. Der deutsche Psychiater Kurt Behringer veröffentlichte 1927 ein Werk über den Meskalinrausch, das vor allem die Phänomenologie solcher Erfahrungen beschrieb.

Die eigentliche Erforschung der psychoaktiven Substanzen, die das Bewusstsein verändern, begann 1943, als der Schweizer Chemiker Albert Hofmann LSD entdeckte.

1946 publizierte W.A. Stoll in Zürich die erste Untersuchung der Anwendung von LSD am Menschen. In dieser frühen Phase wurde dem therapeutischen Rahmen noch keine spezielle Beachtung geschenkt. LSD wurde wie ein gewöhnliches Medikament verabreicht. Erst nach und nach wurde ein spezieller therapeutischer Rahmen definiert und eine Begleitung der durch die Substanz ausgelösten Erfahrung durch erfahrene Therapeuten eingeführt (sogenanntes Setting).

Damit kommt zum Ausdruck, dass die Psychotherapie mit bewusstseinsverändernden Substanzen in einem Grenzbereich zwischen Pharmako- und Psychotherapie steht. Das bewusstseinsverändernde Medikament dient nicht unmittelbar dem kurativen Zweck, ein Symptom zu reduzieren oder eine Krankheitsursache zu beseitigen, sondern es vertieft und intensiviert gleichsam wie ein Katalysator die für die Psychotherapie notwendigen Prozesse wie emotionale Bindung oder Problemaktualisierung und -bewusstsein.

Bis Anfang der 1970er-Jahre entstanden weltweit mehrere Tausend wissenschaftliche Publikationen über LSD.

Als Reaktion auf den Massenkonsum von LSD in Hippie- und anderen Gegenkulturbewegungen wurde LSD 1971 in der Schweiz sowie in dieser Zeit in fast allen Ländern weltweit verboten.

Gleichzeitig wurden auch andere bewusstseinsverändernde Stoffe wie Psilocybin und Meskalin als Betäubungsmittel festgeschrieben (MDMA wurde 1985 verboten) und ihre medizinische Anwendung verboten. Damit kam auch die therapeutische Forschung zum Erliegen.

Bild: Mutterkorn an Roggen. Ausgangsprodukt der LSD-Synthese ist Mutterkorn.

Mutterkorn wurde zeitweilig im Auftrag und Vertrag mit der pharmazeutischen Industrie durch Impfung von speziell kultiviertem Roggen angebaut.

Entsprechende Anbauverträge der Firma Sandoz AG Basel belegten in den 60er Jahren ein Fläche von über 600 ha in der Schweiz. Der Höchststand der Vertragsfläche war mit 952 ha im Jahr 1955. Das Hauptanbaugebiet war in feuchtkühlen Gebieten des Emmentals und angrenzenden Gegenden, wo die Impfung des Roggens besonders gut gelang.

Der sehr arbeitsintensive Anbau auf kleinsten Flächen hat vielen kleinen Betrieben in diesen Gegenden zu einem willkommenen Zusatzverdienst verholfen. Mit dem Einsatz von speziell konstruierten Impf- und Erntemaschinen wurden die Anbauflächen pro Betrieb zusehend grösser und in das Flachland verlegt.

Albert Hofmann

Der Schweizer Chemiker bei Sandoz in Basel entdeckte 1943 LSD

Im April 1943 – in Europa war noch Krieg – forschte der Chemiker Albert Hofmann in der Schweiz an einem Mittel zur Kreislaufstabilisierung. Dabei stellte er den Stoff Lysergsäurediethylamid her – in Kurzform LSD.

Der natürlich LSD-Baustein ist somit die Lysergsäure. Sie stammt aus dem Mutterkorn, einem giftigen Getreidepilz. LSD gehört zu den Halluzinogenen. Wirkstoffe dieser Gruppe rufen Sinnestäuschungen hervor und greifen in das Seelenleben ein.

Albert Hofmann setzte sich zeitlebens dafür ein, dass psychedelische Substanzen wie das LSD zu Forschungszwecken legalisiert werden sollen. Optimistisch äußerte er die Ansicht, die richtige Anwendung von LSD in der menschlichen Kultur sei eine Frage der Zeit.

Für sein wissenschaftliches Werk wurde ihm mehrfach die Ehrendoktorwürde verliehen. So ehrte ihn die ETH Zürich 1969 mit dem Titel Dr. h. c. der ETHZ.

Neue Forschung

Seit etwa dem Jahr 2000 ist eine Wiederaufnahme der therapeutischen Forschung mit bewusstseinsverändernden Substanzen zu beobachten. In den USA erforschen zwei Teams die psychologischen Wirkungen von Psilocybin bei Krebspatienten (Griffiths 2006 und Grob 2011) und ein Team die Wirkung von MDMA bei Patientinnen und Patienten mit psychischen Störungen nach Trauma (Mithoefer 2009).

In der Schweiz erhielt 2004 Dr. med. Peter Oehen, Biberist, eine Bewilligung für eine MDMA-Studie  bei PatientInnen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung. 2007 erhielt ich selber eine Bewilligung für eine LSD-Studie bei PatientInnen mit Angstzuständen bei lebensbedrohenden Erkrankungen. Die Ergebnisse dieser Forschung wurden publiziert.

Ab 2014 wurden von den Schweizer Behörden auch Behandlungen mit LSD und MDMA auf Antrag im begründeten Einzelfall bewilligt. Diese Arbeit wird gegenwärtig mit einer retrospektiven Auswertung evaluiert. Seit April 2017 läuft ein Forschungsprojekt mit LSD unterstützter Therapie in Kooperation mit Prof. Dr. med. M. Liechti in Basel.

 

Säpt

1985 wurde die Schweizerische Ärztegesellschaft für Psycholytische Therapie SÄPT gegründet. Zweck dieser weltweit einzigen Vereinigung von ÄrztInnen und TherapeutInnen ist die (Wieder-) Verankerung der Therapie mit bewusstseinsverändernden Stoffen als Behandlungsmethode. 

1. LSD Psychotherapie-studie

2007 – 2011

Am 4.3. 2014 erschien die wissenschaftliche Abschlussarbeit zur LSD Studie im Journal of Nervous and Mental Disease.

Am 11.11.2014 erschien eine zweite wissenschaftliche Arbeit über die Resultate der Nachuntersuchung, ein Jahr nach Abschluss der LSD Behandlung im Journal of Psychopharmacology.

2 Interviews als Videoclip mit PatientInnen der LSD Studie. Das erste Video ist in Englisch und ein Ausschnitt aus einer Sendung von National Geographic TV mit dem Titel „Drugs Inc.“ aus dem Jahr 2012. Das zweite ist ein Beitrag auf Deutsch aus 3Sat, Kulturzeit, ebenfalls von 2012.

Tagesschauberichte zur LSD Studie vom 20.12.2007 und vom 11.7.2011. Der erste Bericht enthält ein Interview mit Albert Hofmann.

2. LSD Psychotherapie-studie

2017 – 2021

Per Ende April 2017 wurde von den zuständigen Behörden ein neues Forschungsprojekt mit LSD-unterstützter Therapie bewilligt. Geplant ist, im Zeitraum von 2017 bis 2021 vierzig StudienteilnehmerInnen zu behandeln, die unter Angstsymptomen bei schwerer körperlicher Erkrankung oder bei einer Angststörung leiden.

Die Studie wurde 2021 beendet. Die Resultate werden im Verlaufe des Jahres 2022 veröffentlicht.

 

 

 

Peter Gasser, Dr. med.

Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH

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